Der Schutterbote – Auf und Ab einer radikalen Zeitschrift

 

In der Zeit vor und während der Revolution war in der Umgebung von Lahr das "Lahrer Wochenblatt" populär. Es wurde gegenüber von der heutigen Bücherei Baumann in der Marktstraße gedruckt und auch herausgegeben, der Redakteur des Blattes war Johann Heinrich Geiger. Der radikale Gegenspieler des eher konstitutionell – liberalen "Lahrer Wochenblattes" war der "Schutterbote", der im Januar 1833 erstmals erschien und im Gegensatz zum "Lahrer Wochenblatt" die Mißstände der Gesellschaft und das Vorantreiben der Revolution durch radikale Aufrufe an das Volk aufgriff. Herausgeber und Redakteur zu dieser Zeit war Johann Friedrich Rost, der das Blatt nur bis zum Sommer 1833 herausbrachte, da es zu verschärften Reaktionen und Maßnahmen gekommen war. Rost, der vor allem auch in Volksvereinen zusammen mit anderen Bürgern seine Freiheitsrechte durchzusetzen versuchte, brachte in der Pfalz den "Zweibrücker Allgemeinen Anzeiger" heraus. Er war es auch, der das Festlied zur Revolution gedruckt hatte.

Ab März 1848 erschien der "Schutterbote" erneut, nun als eindeutig radikales und republikanisches Blatt, das unter Johann Rost als Verleger und Johann Hofer als Redakteur zwei Mal pro Woche erschien. Hofer komponierte das Festlied und tat sich als engagierter Liberaler hervor, weshalb es 1845 auch zum Strafverfahren kam. Neben seiner Wiedererweckung des "Schutterboten" unterstützte er als entschiedener Republikaner von Lahr aus den Heckeraufstand und erhielt mehrere Strafen aufgrund "ketzerischer Publikationen" gegen die Könige und Fürsten, die im "Schutterboten" veröffentlicht wurden. Aufgrund verschärfter Beobachtungen durch Behörden wurde Hofer trotz Pressefreiheit angeklagt, durch Karikaturen "Hochverrat" begangen zu haben. Deshalb wurde das Blatt an den Kippenheimer Demokraten und Apotheker Albert Dung als Redakteur weitergegeben, der Herausgeber blieb weiterhin Rost. Im September 1848 konnte das Blatt nicht mehr herausgegeben werden, weil Rost aufgrund einiger Anschläge auf die Eisenbahnlinie im Zusammenhang mit dem "Struve – Putsch" fliehen mußte. Damit war das endgültige Ende des "Schutterboten" besiegelt.

 

Uns so informierte der bedeutende Drucker Rost seine Leser über das Ende des "Schutterboten":

"An die verehrlichen Leser des Schutterboten.

Plötzlich eingetretene Umstände mit der Redaktion dieses Blattes verhindern vorderhand das Erscheinen. Ich setze hiervon die verehrlichen Abonnenten des Schutterboten mit dem Anfügen in Kenntnis, daß sich die bezeichneten Umstände in Bälde heben und das Blatt nachher in der gleichen entschiedenen Richtung forterscheinen wird.

Meine Bürger in Stadt und Land wissen, daß ich seit Jahren kein Opfer gescheut habe, der Sache des Fortschritts mit meinen geringen Kräften zu dienen, und werden deshalb eine eingetretene augenblickliche Störung, welche durch äußere Verhältnisse in diese aufrichtige Bestreben geworden ist, gerne entschuldigen.

Der Verleger J. F. Rost"

 

Der "Schutterbote" kann auch als "schauerliches Hetzblatt" bezeichnet werden, das jeder nach der Niederlage der Revolution loszuwerden versuchte. Deshalb erschien das Blatt auch immer nur für sehr kurze Zeit und nur zu politischen Hochpunkten. Der "Schutterbote" blieb nicht ohne Einfluß und Beachtung in Lahr, z. B. bei einem Fernduell, das sich der radikale "Schutterbote" mit dem konstitutionell – liberalen "Lahrer Wochenblatt" im Juni 1848 lieferte, bei denen die zentralen Aussagen über die beiden Standpunkte und Definitionen der Freiheit überaus deutlich gemacht wurden.

Zum Vergleich:

"Lahrer Wochenblatt": Jeder Mensch, der nach Besserung , nach Vervollkommung seiner selbst, seiner häuslichen Zustände und der politischen Verhältnisse seiner Vaterstadt strebt, muß vorerst auch jener inneren Freiheit möglichst nahe zu kommen suchen.

"Schutterbote": Die meisten Verbrechen und Laster der Menschen entstehen aus der bürgerlichen und politischen Ungleichheit; daher muß mit dieser Ungleichheit auch die Zahl der Verbrechen und Laster abnehmen.

Besonders eine zweiteilige Karikatur, in der der "deutsche Michel" aufgefordert wird, den ständig nachwachsenden Disteln (mit Kronen) nicht nur die Stacheln abzuhacken, sondern auch das "Unkraut mit Stumpf und Stil" zu beseitigen, erhitzte die Gemüter. In Karlsruhe wurde diese Karikatur als Aufruf, zur Waffe zu greifen und alle Fürsten und Könige zu beseitigen, gedeutet. Diese günstige Gelegenheit wurde genutzt, um den "agilsten Republikaner der Ortenau mundtot" zu machen. Die Regierung ging gegen den Redakteur Hofer vor, der hauptsächlich für die revolutionäre Stimmung auch nach Beendigung des "Schutterboten" verantwortlich gemacht wurde.

Doch auch nach seiner Auswanderung nach New York im Jahre 1851, wohin er aufgrund steckbrieflicher Gesuche geflohen war, und der Rückkehr 1862 nach Offenburg blieb der überzeugte Revolutionär Hofer bis zu seinem Tod im Jahre 1880 seinen alten Idealen und Vorsätzen treu.